Hausmannsturm
Einst Dresdens höchstes Gebäude ist der Hausmannsturm das Herz des Residenzschlosses und Ausdruck des fürstlichen Machtanspruches des Hauses Wettin. Erst im Zusammenspiel mit den übrigen Türmen der Dresdner Stadtsilhouette entfaltet er seine volle Ausdruckskraft. The so-called Hausmannsturm used to be Dresden's highest building and defines the era of Saxony's electors and their families. The elector's power is represented in the tower as the castle's heart and in fact it is even higher than the catholik church at the castle's side you can see what kind of self-convidence Saxony's electors had over the hundreds of years they were governing. |
Den Himmel immer im Blick: Eine erste Begegnung
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Der Hausmannsturm des Residenzschlosses ragt seit Jahrhunderten weit in den Himmel Dresdens hinauf. Schon beim ersten Blick von den Dresden umgebenen Hügeln auf die Stadt erkennbar, wurde er zum Symbol der Herrschaftsverhältnisse der Residenzstadt und zeigt: Architektur ist eine eigene Ausdrucksform im Spiel der unterschiedlichsten Machtansprüche und findet ihre ganz eigene Bildsprache. Erst im Stadtgefüge entfaltet der Hausmannsturm seine volle Wirkung und Strahlkraft und wird im Reigen der Türme zum Stellvertreter der weltlichen Herrschaftsansprüche der Kurfürsten. Bis heute komplettiert er die Stadtsilhouette Dresdens und transportiert den Glanz vergangener Zeiten ins Jetzt.
Robin Bitterlich, Alexander Herrmann, 3D-Modell des Hausmannturms, 3D-Modell des Hausmannsturms, 2018 |
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Mit seinen 100m Höhe ist der Turm in der Dresdner Silhouette immer zu sehen. Damit überragt er auch die Frauenkirche um ein paar Meter. Aber auch bekanntere Gebäude, wie der Big Ben und die Freiheitsstatue, können nicht mit seiner Größe mithalten. Vergleichen Sie selbst:
Barocke Architektur - barocker Glanz
Wolf Caspar von Klengels Umbau des Hausmannsturms
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Mit Wolf Caspar von Klengel gelang es dem Kurfüsten Johann Gerog II. einen renommierten Architekten und sehr erfahrenen Baumeister an den sächsischen Hof zu rufen: nicht nur am Umbau des Residenzschlosses war von Klengel maßgeblich beteiligt, sondern er hinterließ seine Spuren auch an zahlreichen anderen Gebäuden in Dresden und ganz Sachsen. So gilt von Klengel heute als Begründer der sächsischen Barockarchitektur. Diesen Titel verdiente sich der Baumeister jedoch nicht nur aufgrund seiner Bautätigkeiten, sondern er hinterließ einen tiefen Eindruck auf die nachfolgenden Baumeistergenerationen bis hin zu Matthäus Pöppelmann. Dass von Klengel auch den späteren Kurfürsten August den Starken in Baukunde unterrichtete, trug schließlich zu seiner Anerkennung und Nachwirkung bei.
Von Klengels größtes Werk am Residenzschloss stellt der Hausmannsturm dar: nachdem der Baumeister bereits einige kleinere Umbauten am Schloss vorgenommen hatte, wurde ihm die Aufgabe zugetragen, den Turm zu erneuern. Zwischen 1674 und 1678 erfolgte die Bauausführung. Dabei erhöhte von Klengel den Turm deutlich, sodass dieser fortan auch den Turm der Kreuzkirche überragte. Die gesamte Schlossanlage erhält somit eine neue Dominanz im gesamten Stadtbild - Selbst beim Bau der katholischen Hofkirche im 18. Jahrhundert wurde darauf geachtet, dass der Turm der Hofkirche nicht weiter in den Himmel ragte, als der Hausmannsturm des Residenzschlosses.
Dass der Schlossturm des weltlichen Herrschers nun die prägende Größe in der Stadtsilhouette darstellte, darf in seiner Symbolkraft nicht unterschätzt werden: der Wettstreit zwischen weltlichem und religiösem Herrscher wird auch auf diese Weise ausgetragen. Somit beanspruchten die Wettiner die Vormachtstellung gegenüber der Kirche nicht bloß in ihrer Residenzstadt Dresden, sondern auch weit darüber hinaus in ganz Sachsen. |
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Der neue Turm stellt in seiner Gestalt eine Mischung aus italienischen und niederländischen Vorbildern dar: die überlieferten Skizzen des Baumeisters belegen die stilistischen Verbindungen und erzählen uns heute noch, wie es zur endgültigen Form und Ausführung des Turmes gekommen ist. Besonders prägend ist das Kugelmotiv, das vor allem beim Turmaufsatz, der Haube, hervortritt und ein typisch barockes Baumotiv darstellt. Von Klengel experimentierte mehrfach mit dem Motiv herum und entschied sich bei der endgültigen Ausführung dafür, die Kugeln als umlaufendes Dekoelement auf die Laterne bzw. direkt unterhalb der Kupferhaube zu positionieren. Die eigentliche Turmspitze entspringt somit auch einer Kugel und endet wiederum mit einer kleineren Kugel.
Die Wetterfahne auf dem Schlossturm steckt auf einem runden Knopf. In hebräischer Sprache finden wir dort den Vers: Jehova nissi. Dieser Vers bezieht sich auf eine Bibelstelle des Alten Testaments; im zweiten Buch Mose, Kapitel 17, 15 steht: Und Mose bauten einen Altar und nannte ihn: Der HERR mein Feldzeichen. - Mit Blick auf den „Wettstreit“ zwischen weltlicher und religiöser Machtausübung ist die Turmspitze wie eine versöhnende Geste zu verstehen und drückt die Verbundenheit der Wettiner zu ihrem Glauben aus. |
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Vorsicht! Zerbrechlich!
Des Kurfüsten Porzellanzimmer
Knapp 100 Quadratmeter Fläche stehen im Raum direkt unter der Hausmannsturm (2. OG) zur Verfügung, der über die Jahrhunderte unterschiedliche Zwecke erfüllte. In Vorbereitung der Hochzeitsfeierlichkeiten seines Sohnes 1719 ließ der Kurfürst August der Starke das zweite Obergeschoss des Schlosses prunkvoll umgestalten, darunter auch das Zimmer unterhalb des Turmes. Die Ausstattung der Festsäle repräsentierte den Reichtum der Kurfürstenfamilie und des Staates, dem sie vorstanden. Im Zuge dieser Umbauarbeiten bekam auch das Turmzimmer unter dem Hausmannsturm eine neue Gestalt und es wurde zum Silberzimmer: Bis 1732 präsentierte der Kurfürst hier seinen Silberschatz. Schließlich wurde das Porzellanzimmer eingerichtet und anstelle des kostbaren Silbers war nun die umfangreiche und angesehene Porzellansammlung des Kurfürsten zu sehen.
Der achteckige Saal war Teil des repräsentativen und zeremoniell hoch aufgeladenen Hochzeitszuges 1719 und ein Höhepunkt in der Abfolge der reich ausgestatteten Säle und Räume. Anders als in den übrigen Räumen wurden hier während des Zuges keine Würdenträger platziert, die den Weg der künftigen Königin und Kurfürstin, Maria Josepha, säumten: da die ausgestellten Porzellanarbeiten von so hohem Rang und Wert waren, fürchtete August der Starke in diesem engen Raum könnten die zerbrechlichen Schätze beschädigt werden. Schließlich fanden an den Wänden auf zahlreichen Konsolen und Sockeln Werke drei verschiedener Porzellantypen Platz, die bis unter die Decke die Wände zierten. Der hohe Raum wies eine gewölbte Decke mit feinen Stuckarbeiten nach italienischem Vorbild auf. Mit Vertäfelungen und Spiegeln waren die Wandflächen selbst – wie im Barock typisch für derartige Räumlichkeiten – ausgestattet und spiegelten das spärliche Licht. Auf Grund der Innenlage des Saales hatte er nur ein Fenster, das Licht für den gesamten Saal spenden sollte. So wird vermutet, dass der Saal nur als Interimslösung während des Umbaus des Japanischen Palais‘ auf der anderen Elbseite gedacht war. Erst 1896 wurde eine Tür, die auf die Loggia im Großen Schlosshof führte, eingebaut, sodass sich die Lichtsituation zumindest ein wenig verbessert haben dürfte.
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Das ausgestellte Porzellan war von außerordentlicher Qualität und wurde immer wieder durch neueste Arbeiten ergänzt: die Sammelschwerpunkte lagen eindeutig auf Porzellan aus Meißen, China und Japan. Jedoch unterschieden sich die Arbeiten stark in ihrer Anzahl und im direkten Vergleich auch in ihrer Qualität. Dementsprechend erfolgte die Präsentation im Saal: die japanischen Arbeiten waren von geringerer Qualität und Quantität vertreten und wurden an unauffälligeren Stellen im Raum platziert. Beim chinesischen Porzellan hingegen war eine außergewöhnlich gute Auslese getroffen worden: Es war von besserer Qualität als die japanischen Werke, jedoch ebenfalls nur mit wenigen Arbeiten vertreten. Das Meißner Porzellan wiederum war ausschließlich von bester Qualität. Vielfach handelte es sich hierbei um Einzelarbeiten, u.a. nach Entwürfen vom berühmten Johann Joachim Kändler, der einer der bedeutendsten Modelleure der Meißner Porzellanmanufaktur gewesen war.
Seit dem Frühjahr 2017 wird das ehemalige Porzellanzimmer (Südflügel, 2. OG) als Teilfläche der Präsentation der Textilien und Kostüme des 17. Jahrhunderts von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden genutzt. Ferner steht den Besuchern eine Aussichtsplattform in 68m Höhe zur Verfügung: der frühere „Trompetergang“ bietet einen einmaligen Blick in das Dresdner Elbtal und über die Dächerlandschaft der sich ständig verändernden Landeshauptstadt.
Nach dem zweiten Weltkrieg
Die Zerstörungen Dresdens nach den verheerenden Angriffen auf Dresden am 13. Februar 1945 sind allen Dresdnern und den Besuchern unserer Stadt bewusst. An dieser Stelle soll lediglich ein Bild illustrierend die Zerstörungen des Hausmannsturms gezeigt, aber nicht weiter kommentiert werden.
Weitere Literatur zum Hausmannsturm und Porzellanzimmer:
- Passavant, Günter: Wolf Caspar von Klengel, Dresden 1630 – 1691, Reisen – Skizzen – Baukünstlerische Tätigkeiten, München/Berlin 2001.
- Reichel, Friedrich: Zur Geschichte des Turmzimmers im ehemaligen Dresdener Residenzschloß, in: Dresdner Kunstblätter, 16, Dresden 1972, S. 141 – 146.
- Zimmermann, Ernst: Das Porzellanzimmer im Königl. Schloß zu Dresden, in: Dresdner Jahrbuch 1905, Beiträge zur bildenden Kunst, Dresden 1905, S. 71 – 82.